Position zur Geflüchtetenpolitik

MENSCHEN GLEICH.wichtig.würdig.berechtigt

Die Evangelische Jugend Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EJBO) hat sich auf ihrer Landesjugendversammlung im Oktober 2016 klar zur Geflüchtetenpolitik positioniert. In einem Positionspapier versuchen wir die verschiedenen Perspektiven zu behandeln, die bei diesem Thema wichtig sind. Wir beschreiben, was aus unserem Bibelverständnis heraus notwendig ist und welche Vorstellungen und Handlungen für uns unchristlich sind.

Alle Forderungen lassen sich unter dem Slogan MENSCHEN GLEICH.wichtig.würdig.berechtigt zusammenfassen. Alle Menschen sind gleich! Sie sind gleichwichtig, gleichwürdig und gleichberechtigt!

Kampagne

Sticker, Armbänder und Gymbags

Zum Positionspapier haben wir eine Kampagne ausgearbeitet: Mit dem Logo gibt es Sticker und Gymbags aus Wolle (für alle Älteren unter uns: das sind Turnbeutel) und Armbänder. Diese Dinge könnt Ihr mitnehmen, wenn Ihr uns an unserem Stand beim Abend der Begegnung auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag in Berlin besucht oder bei anderen Veranstaltungen vorbeikommt.

Mit den beiden Quadraten soll das Logo deutlich machen: Es geht nicht darum, dass wir als Landesverband bekannt werden, sondern die Botschaft ist entscheidend! Die EJBO bietet gewissermaßen nur Rückendeckung für die Forderungen, die allgemeingültig sind und die man in der Bibel lesen kann.

Beschluss der Landesjugendversammlung

Wir erleben schon seit einiger Zeit in Deutschland eine erschreckende Veränderung in der Debatte um geflüchtete Menschen. Personen unterschiedlicher politischer Gruppen und Parteien wollen das „christliche Abendland“ schützen, indem sie Menschen Asyl verwehren und Deutschland und die Europäische Union systematisch abschotten. Die evangelische Jugend Berlin-Brandenburg schlesische Oberlausitz (EJBO) hält es daher für dringend geboten, deutlich zu machen, wie sie christliches Leben und Handeln auf Grundlage der biblischen Wertevorstellung versteht.

I. Hilfe leisten

Denn ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben. Ich war ein Fremder und ihr habt mich aufgenommen. (…) Amen, das sage ich euch: Was ihr für einen meiner Brüder oder eine meiner Schwestern getan habt – und wenn sie noch so unbedeutend sind –, das habt ihr für mich getan.

(Bibel, Matthäusevangelium 25,35+40)

Wir haben in unserer Gesellschaft mehr als genug, wir können abgeben und sollten das auch tun! Das ist der Auftrag, den uns die Bibel gibt. Wir sollen Menschen in Not helfen, wir sollen ihnen geben, was sie benötigen, und wir sollen sie bei uns aufnehmen, selbst wenn wir nicht genug hätten. Wir dürfen unsere Augen nicht verschließen, wenn Menschen in Flüchtendencamps und anderenorts hungern und im Elend hausen. Christlich sein heißt, das Leid anderer Menschen wahrzunehmen und versuchen es zu lindern.

Es ist unchristlich, seine Augen vor dem Leid anderer Menschen zu verschließen. Wir dürfen die Verantwortung nicht von uns schieben oder sie abgeben wollen! Die Bibel stellt klare ethische Forderungen an uns. Wir müssen Hilfsbedürftige aufnehmen, das heißt, sie als Geschwister ansehen, sie in unser Leben lassen und sie nicht in Gettos von uns abschotten.

II. Friedenspolitik

Glückselig sind die, die Frieden stiften. Denn sie werden Kinder Gottes heißen.

(Bibel, Matthäusevangelium 5,9)

Wir wollen Frieden in der Welt, eine Friedenspolitik, die das Recht auf Leben, die Menschlichkeit, Menschenwürde und Menschenrechte an oberste Stelle stellt. Wir wollen eine Außenpolitik, die ihre Hauptaufgabe in der Konfliktlösung sieht und immer das Ziel einer friedlichen und gerechten Welt vor Augen hat. Wir müssen Frieden in die Welt tragen und Leid bekämpfen.

Es ist unchristlich, Außenpolitik nur im eigenen Interesse zu führen. Wir dürfen uns nicht abschotten und die Probleme anderer Menschen ignorieren. Der Ruf nach undurchlässigen Außengrenzen zeugt von einer menschenverachtenden Ignoranz. Abschottungsmechanismen führen zu Grausamkeiten. Ziel und Zweck von Außenpolitik kann nicht das Durchsetzen von eigenen Interessen sein, wenn man gleichzeitig das Leid anderer Menschen vergisst. Wir müssen Frieden verbreiten.

III. Aufnahme von Geflüchteten

Wenn ein Fremdling bei euch wohnt in eurem Lande, den sollt ihr nicht bedrücken. Er soll bei euch wohnen wie ein Einheimischer unter euch und du sollst ihn lieben wie dich selbst.

(Bibel, 3. Mose 19,33–34)

Wir wollen alle, die in unserem Land sind, als Teil unserer Gemeinschaft betrachten und so behandeln. Wir haben die Pflicht, Asyl zu gewähren, und alle so zu behandeln, wie wir es uns selbst wünschen. Wir sehen, wie viele Menschen sich um Fremde sorgen und kümmern, an ihrem Leid anteilnehmen und sie trösten. Das ist gelebtes Christentum.

Es ist unchristlich, Fremde auszugrenzen und Menschen in Kategorien wie „Wir“ und „Die“ einzuteilen. Asyl muss gewährt, Inklusion möglich gemacht werden und dabei darf nicht in gewollte und ungewollte Menschen eingeteilt werden. Auch christliche Geflüchtete dürfen dabei nicht bevorzugt werden. Jede Person, die verfolgt wird, hat einen Anspruch auf Asyl. Jede Art von Rassismus ist unerträglich. Personen, die so denken, reden oder handeln, stellen sich auf widerliche Weise über andere Menschen. Dieses Handeln mit dem Erhalt des „christlichen Abendlandes“ begründen zu wollen, hat keine Grundlage. Wer  behauptet, Diskriminierungen mit diesem Begriff rechtfertigen zu können, hat weder das Christentum, noch die Errungenschaften der europäischen Aufklärung verstanden. Christlich sein heißt Liebe statt Hass, Freundschaft statt Ausgrenzung.

IV. Beteiligung

Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bild.

(Bibel, 1. Mose 1,27a)

Wir sehen jeden einzelnen Menschen als ein von Gott geschaffenes und geliebtes Individuum. Deshalb haben alle Menschen das Recht, frei selbst zu entscheiden, was gut für sie ist. Das schließt das Recht auf Mitbestimmung in der Gesellschaft ein. In jedem Menschen können wir Gott erkennen. Alle Personen, ob mit oder ohne Migrationshintergrund, ob in Deutschland geboren oder erst kürzlich hierher gelangt, müssen die Möglichkeit haben, ihre Interessen zu vertreten, sich zu beteiligen und zu organisieren. Das muss gefördert werden.

Es ist unchristlich, wenn Menschen behaupten, ein Recht auf mehr Mitbestimmung als andere zu besitzen. Integration kann nur heißen, andere Menschen als gleich-wichtig, gleich-berechtigt, gleich-würdig anzusehen und ihnen Selbstbestimmung und demokratische Beteiligung zuzusichern. Es ist mit dem christlichen Glauben unvereinbar, in einer anderen Person nicht ein von Gott geliebtes Individuum zu sehen. Gesellschaftliche Ausgrenzungsmechanismen sind nicht zu akzeptieren.

Die Evangelische Jugend Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EJBO) ist begeistert von der überwältigenden Hilfsbereitschaft, mit der sich Deutschland präsentiert. Wir bemerken besonders das Engagement der vielen Jugendgruppen, die sich in der Geflüchtetenhilfe engagieren und die aus dem Bedürfnis nach Menschlichkeit teilweise ohne viel Aufsehen helfen, und das stimmt uns hoffnungsvoll. Die Mehrheit unserer Gesellschaft steht für demokratische Werte und ist klar gegen rassistische und fremdenfeindliche Ausgrenzung. Die Evangelische Jugend sieht sich fest auf den biblischen Werten der Nächstenliebe verankert. Diese Grundlage ist nicht verhandelbar.

Dieses Positionspapier wurde auf der 3. Sitzung der III. Landesjugendversammlung vom 7. bis 9. Oktober 2016 beschlossen.

Als Parlament der Evangelischen Jugend Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz vertritt die Landesjugendversammlung ca. 150.000 Jugendliche und setzt sich aus Delegierten der Kreisjugendkonvente, der Werke und Verbände und den Konferenzen für Arbeit mit Kindern und Jugendarbeit zusammen.

Fragen und Informationen: info@ejbo.de
Beschluss als PDF-Download