In der Nacht vom 30. auf den 31. Oktober 2017 haben 22 Teams aus ca. 100 Jugendlichen 15 Thesen an alle Kirchgemeindetüren in Berlin und an einige weitere Kirchtüren in Brandenburg angebracht. Nach dem offiziellen Start, bei dem die Thesen symbolisch an eine echte Tür genagelt wurden, brachen sie in alle Bezirke und Himmelsrichtungen auf. Bei dieser Aktion wurden die Kirchtüren mit einem Jutebeutel behangen, in dem sich ein laminiertes Thesenblatt, mehrere Postkarten und ein großer Nagel befand. Außerdem wurde mit Sprühkreide der Hashtag #rEJBOmation vor den Eingang der Kirchen gesprüht.
Von einem Großteil der Kirchtüren wurden Fotos gemacht, die auf dem Instagram-Account der EJBO zu sehen sind.
Am 31. Oktober 2017 fand um 18 Uhr ein großer Jugendgottesdienst in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin statt, in dem ein Teil des Workshopmoduls mit allen Anwesenden durchgeführt wurde. Außerdem wurden von den Gottesdienstteilnehmenden Thesenpostkarten an Bischof Dr. Markus Dröge geschrieben, die ihm am 1. November 2017 angenagelt an der Thesentür überreicht wurden.
Die Thesen im Wortlaut
1. Christliche Kirche ist Gemeinschaft von Menschen im Glauben und Zweifel.
2. Wir brauchen Raum, um Gott zu begegnen. In dieser Gottesbeziehung entwickelt und stärkt sich Glaube.
3. Uns fehlen Möglichkeiten, um uns über den eigenen Glauben und die persönliche Gottesbeziehung auszutauschen.
4. Wer zweifelt, ist kein schlechter Christ. Indem man sich mit seinem Zweifel auseinandersetzt, kann der eigene Glaube wachsen.
5. Wir haben in der Gemeinde keinen Raum zum Zweifeln. Warum darf Glaube nicht hinterfragt werden?
6. Glaube und Zweifel ist für viele ein sensibles Thema, über das man nicht mit jedem sprechen kann. Immerhin in den Gemeinden muss das doch möglich sein!
7. Wir müssen uns für unseren Glauben nicht schämen. Wir erwarten, dass wieder offen von Gott geredet wird.
8. Nichts hat seine Begründung darin, dass es schon immer so war. Um in der Gemeinschaft wieder ins Gespräch über Glaube und Zweifel zu kommen, brauchen wir unterschiedliche, ungewöhnliche und immer wieder neue Formen des Austauschs.
9. Der klassische Gottesdienst ist nur ein Weg, sich gemeinsam Gott zu nähern. Es gibt noch viele andere Möglichkeiten für gelebte Gottesbeziehung, für die wir offener sein sollten.
10. In der Kirche hören wir viele Begriffe, die sonst niemand benutzt. Über Glaube und von Gott sollte in alltäglicher Sprache gesprochen werden.
11. Es sollte mehr Humor im Umgang mit dem Glauben erlaubt sein. Was Spaß macht, steht meistens im Verdacht, nicht gottgefällig zu sein.
12. Meistens geht es in Kirchengemeinden um die Erledigung von Aufgaben. Unsere Aufgabe als Kirche ist vielmehr, uns gegenseitig im Glauben und in der Gottesbeziehung zu helfen.
13. Die evangelische Kirche ist ohne Visionen. Sie ist in ihren Strukturen gefangen, ohne sich mit den wirklich wichtigen Fragen zu beschäftigen.
14. Ämter in der Kirche müssen wieder als Dienst an den anderen und nicht als Herrschaft über andere verstanden werden.
15. Wir junge Menschen bringen neuen Schwung in die Gemeinde. Mit unseren Ideen sind wir aber häufig unerwünscht. Wir wünschen uns mehr Akzeptanz und mehr Möglichkeiten, unsere Ideen in der Gemeinde einzubringen.
Entstehung der Thesen
Alles begann im Frühjahr 2015 auf der Landesjugendversammlung der Evangelischen Jugend Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EJBO). Dort wetteten wir mit einem Gast, der für die Evangelische Jugend Sachsen anwesend war, dass wir es schaffen würden, zum 31.10.2017 an alle Berliner Kirchgemeinden eigene Thesen anzubringen. Im Folgenden hat sich der Beirat für Theologie, Liturgie und Spiritualität (LiTheoS) unserer Landesjugendversammlung ausführlich mit dem Thema beschäftigt. Wir kamen zu der Erkenntnis, dass der Kern der Reformation in Betonung der direkten und persönlichen Gottesbeziehung besteht. Es braucht zwischen uns einzelnen Menschen und Gott und Christus keine Vermittler*innen oder Ablässe. So hat Kirche ihren Zweck erst einmal darin, dass sich dort Menschen treffen, die eben eine solche Gottesbeziehung pflegen.
Nachdem sich der Beirat selbst ausführlich damit beschäftigte, was in Gemeinde und Kirche die eigene Gottesbeziehung fördert und was sie hindert, wurde von den Jugendlichen zusammen mit Landesjugendpfarrerin Sarah Oltmanns ein Workshop-Modul erarbeitet. Dieses Modul hilft dabei, sich mit der eigenen Beziehung zu Gott, mit Momenten der Gottesnähe und der Gottesferne zu beschäftigen. Dieses Modul wurde im Frühjahr 2017 mit den über 60 Jugendlichen auf der Landesjugendversammlung ausprobiert. Die Ergebnisse aus diesen Gruppenarbeiten sind Grundlage der #rEJBOmation-Thesen. Aus den Aussagen der 62 Jugendlichen hat ein kleines Redaktionsteam aus drei jungen Menschen (19, 20 und 21 Jahre alt) die Thesen formuliert.
Pressestimmen zur Aktion am 30. und 31. Oktober 2017
- Die Abendschau am 30.10.2017 berichtete in einem Beitrag mit Liveschalte über die Aktion (das Video ist nicht mehr verfügbar)
- Der rbb berichtete am 31.10.2017 in verschiedenen Sendungen, auf der Website und in seiner App auch in Textform (der rbb-Beitrag vom 31.10.2017 ist nicht mehr verfügbar)
- Die taz. veröffentlichte ebenfalls am 31.10.2017 einen Beitrag: Bei Luther! Jugend hat Reformbedarf
- jup! Berlin schrieb am 31.10.2017: Reformationstag – Was ist denn das?
- Der Tagesspiegel beginnt seinen Newsletter „Tagesspiegel Checkpoint“ am 1.11.2017 ebenfalls mit unserer Thesenaktion (der Beitrag ist nicht mehr verfügbar)
- Selbst international taucht #rEJBOmation auf: Der Egypt Independent schreibt am 1.11.2017 in seiner Zusammenfassung zum Reformationsjubiläum im letzten Absatz auch davon: Germany marks 500th anniversary of Protestant Reformation.
Grundlage dieser Berichterstattung ist folgender Bericht der Deutschen Welle: 500th anniversary of Protestant Reformation (dw).
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